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THE SEA AND THE CAKEa film by Edgar HonetschlägerIl mare e la torta DOCUMENTARY | 2003 | Austria | 60 min | English, Italian (with English subtitles) | Color | Digital | 4:3
A cinematic essay about Palermo and Sicily
I used to think that Goethe had written the most boring stories about Sicily - till I met him in a dark, mysterious tavern in downtown Palermo. His face showing the traces of decades of booze topped by a crown of curled grey hair, he offered to guide me through Sicily. Frederick the second, Hohenstaufen emperor came along to visit an Arabic school, in which the kids were gaily twittering a song of tolerance, while the former Mayor Leoluca Orlando, surrounded by his bodyguards would drag a huge Christmas tree into the salon of his ancient villa. The Etna did not want to hear of calming - therefore, the star cellist Giovanni Sollima had come to challenge him - both erupted - side-by-side. Next a sign appeared on top of the garbage: "Non e un Film di Mafia" (this is not a film about the mafia), that the city had bestowed the sea, just as the "conscience" - the mafia photographer - Letizia Battaglia, took a seat. What remains are the musicians, who like Muezzins, standing on top of the Norman cathedral in Monreale, would shout a poem by Dylan Thomas into the land that always appeared to me like a big tasty cake laying astray in the sea. Director: Edgar HonetschlägerScreenplay: Edgar HonetschlägeCamera: Edgar Honetschläger, Thomas Woschitz, Giovanni D´Angelo, Martin PutzEditing: Thomas WoschitzMusic: Giovanni Sollima, Giacco Pojero and Nino VetriSound: Peter Waldenberger Production: Edgar Honetschläger, Gabriele Kranzelbinder, Alexander Dumreicher-Ivanceanu Funding: BKA.kunst, Land Oberösterreich Worldsales: AUTLOOK Filmsales, welcome@autlookfilms.com
Wenn ein Sizilianer „conscious of identity“ sagt, klingt das wie ein arabisches Mantra. Das liegt wohl daran, dass man sich im Kreis drehen muss, um sizilianische Identität zu begreifen: im Kreis nach allen Himmelsrichtungen, denen sich die geheimnisvolle Mittelmeerinsel seit jeher geöffnet und immer wieder verschlossen hat; im Kreis mit der Geschichte, der man hier begegnet, als wäre sie mit der Gegenwart verschmolzen, um die Zukunft zu verhindern. Bald nach Beginn von Il Mare e la Torta lässt Edgar Honetschläger hoch über seinem Kopf die Heiligen kreisen, die vom Deckenmosaik einer Domkuppel herab über die Ordnung zu wachen scheinen, welche die Christen im fortwährenden Kampf gegen den Islam verteidigen zu müssen glaubten. Doch man muss sich nur oft genug im Kreis drehen und die Spuren aufnehmen, die zwischen monumentalen Ruinen und dem alltäglichen Chaos der Städte, zwischen den Gesichtern der Einheimischen und den Worten der Dichter und Denker Zeugnis davon ablegen, dass sich die islamische Kultur hier ebenso dauerhaft eingerichtet und Lebensstimmungen geprägt hat wie die gesichtslos agierende Mafia. Die Spuren, die Honetschläger auf seiner Entdeckungsreise durch Sizilien, seinen Streifzügen durch Palermo verfolgt, führen allerdings nicht zu Aussichtspunkten, von denen aus man den Alltag oder die Geschichte der Insel überblicken könnte – oder zu Endpunkten, über denen „Erkenntnis“ geschrieben steht. Viel eher lässt er sich vom ambivalenten Flair der Orte bezaubern, an denen die Geschichte sich in Mythen bricht: Mythen, die sich ins Stadtbild eingeschrieben haben, in Erzählungen fortleben oder als lebendig gewordene Filmgestalten diesen Zauber weitergeben. So etwa der deutsche Dichterfürst Goethe (Pietro Cacopardo), den Honetschläger als neugierigen, etwas verloren wirkenden Fremden durch das Land irren und nirgendwo – schon gar nicht bei einer klugen und wortgewaltig mitgeteilten Beobachtung über Land und Leute – ankommen lässt. („Goethe ist so phantastisch für die deutschen Leute, aber so schlecht für die Sizilianer“, muss er sich schließlich von einem Einheimischen anhören.) Oder Friedrich II, der legendäre Stauferkaiser, der die Insel und deren kulturelles Selbstverständnis noch immer zu beherrschen scheint, aber in „Il mare e la torta“ letztlich auf so schillernde Weise gestaltlos bleibt wie die bizarren Klänge der Geräuschmaschine, die angeblich alle Geräusche Siziliens enthält und die sich Honetschlägers Goethe, wie andere Touristen auch von einem sinistren Händler andrehen lässt. So wie die Mythen vermengen sich auch die „Geräusche Siziliens“ mit der Geschichte und der sich kaleidoskopisch darin spiegelnden Gegenwart der Insel. Mehr als das Porträt einer Insel und ihrer Geschichte ist „Il mare e la torta“ daher ein Kosmos an Stimmungen, die Honetschläger als berauschendes Ensemble von Bildern und Klängen einfängt und in assoziativ angelegten Motivmontagen wiedergibt. Das einzige Monument in diesem Kosmos, das allen Kreisbewegungen der Geschichte wie auch allen kreisenden Annäherungsversuchen durch gegenwärtige Betrachter trotzt, ist der Ätna. Mächtig ragt der Rauch und Feuer speiende Riese aus dem Hintergrund des zerklüfteten Lavafeldes, auf dem der Cellist Giovanni Sollima dem Grollen des Vulkans mit einem passionierten Solo kontert – und den Betrachter seine Spurensuche für einige Minuten vergessen und in einem beseligenden Gefühl der Geschichtslosigkeit versinken lässt.
(Robert Buchschwenter)
A cinematic essay about Palermo and Sicily
I used to think that Goethe had written the most boring stories about Sicily - till I met him in a dark, mysterious tavern in downtown Palermo. His face showing the traces of decades of booze topped by a crown of curled grey hair, he offered to guide me through Sicily. Frederick the second, Hohenstaufen emperor came along to visit an Arabic school, in which the kids were gaily twittering a song of tolerance, while the former Mayor Leoluca Orlando, surrounded by his bodyguards would drag a huge Christmas tree into the salon of his ancient villa. The Etna did not want to hear of calming - therefore, the star cellist Giovanni Sollima had come to challenge him - both erupted - side-by-side. Next a sign appeared on top of the garbage: "Non e un Film di Mafia" (this is not a film about the mafia), that the city had bestowed the sea, just as the "conscience" - the mafia photographer - Letizia Battaglia, took a seat. What remains are the musicians, who like Muezzins, standing on top of the Norman cathedral in Monreale, would shout a poem by Dylan Thomas into the land that always appeared to me like a big tasty cake laying astray in the sea.
Festivals:
Viennale 2003 Rotterdam 2004 Buenos aires 2004 Diagonale 2004 Crossing Europe 2004 Sao Paulo 2004 www.honetschlaeger.com/ © Edgar Honetschläger, KGP Kranzelbinder Gabriele Production |